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LARP, Geocaching, ADHS: Über diese 3 Themen könnte ich stundenlang sprechen

Ich liebe es, wenn Menschen über etwas reden, von dem sie begeistert sind. Ich mag es, wenn die Augen leuchten und Mimik und Gestik intensiver werden, weil es um etwas geht, das ihnen persönlich wichtig ist. Und ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie spannend selbst Themen werden können, die mich eigentlich gar nicht interessieren.

Ich finde, es gibt kaum etwas Besseres, um andere Menschen kennenzulernen, als ihre Spezialthemen, ihre Begeisterungen, ihr Nerd-Wissen zu erfahren. Deshalb habe ich zu einer Blogparade aufgerufen, in der andere genau dieses Nerd-Wissen teilen können.

Es sind schon einige sehr spannende und vor allem ganz unterschiedliche Artikel zusammengekommen. Falls du teilnehmen willst: Die Blogparade läuft noch bis zum 1. September und ich freue mich auf dein ganz persönliches Spezial-Wissen!

Natürlich nehme ich auch selbst teil, und zwar mit diesem Text. Ich dachte eigentlich, dass ich ihn in einem Rutsch runterschreiben würde, stolperte dann aber über ein entscheidendes Problem: Welche Themen nehme ich mit hinein? Es gibt viele Themen, über die ich stundenlang reden kann und das auch mit wachsender Begeisterung tue.

Zunächst wollte ich 5 Themen beschreiben, dann habe ich ein sechstes dazugenommen und als sich ein siebtes aufgedrängt hat, wusste ich, ich muss einen Cut machen. Drei Themen, nicht mehr. Hier kommen sie. Und am Ende des Artikels erfährst du, welche Themen im letzten Moment rausgeflogen sind.

Mein Nerd-Thema Nummer 1: LARP

Das erste Thema ist gleich eines, das sich ziemlich schwer erklären lässt, wenn man noch nie damit zu tun hatte. Es ist aber meine größte Leidenschaft und mein wichtigstes Hobby seit über 20 Jahren.

LARP ist die Abkürzung für Live Action Role Play, auf Deutsch Liverollenspiel. Bei diesem Hobby werfen wir uns für einige Tage in die Gewandung und Ausrüstung eines erfundenen Charakters und tauchen möglichst tief in eine Fantasy-Welt ab. Dort erleben wir Abenteuer, lösen Rätsel, bekämpfen Bedrohungen, retten immer mal wieder die Welt, verbringen aber auch viel Zeit damit, mit anderen Charakteren zu interagieren, Musik zu machen oder zu hören und Lagerleben zu gestalten.

Optisch sieht das ein bisschen aus wie ein Mittelaltermarkt mit mehr Fantasy-Elementen und weniger Ständen. Allerdings gibt es beim LARP keine Zuschauer:innen, alle Anwesenden spielen mit.

Ich spiele klassisches Fantasy-LARP, es gibt aber auch viele andere Settings: Western, Horror, Steampunk, Science fiction und jede Menge mehr. Seit Vor-Pandemie-Zeiten wartet „Brachial-Babsi“ auf ihren Einsatz, ein Charakter für ein Endzeit-Setting. Die meiste Zeit bin ich aber als Irianna unterwegs, eine halbelfische Bardin.

LARP ist für mich die beste und schönste Gelegenheit, aus dem Alltag auszusteigen. Ich liebe die Stimmung, die Musik, die Gewandungen, die Leute, die Atmosphäre dort. Und es ist sehr wohltuend, mich ein paar Tage lang intensiv mit Themen zu beschäftigen, die nur im Spiel eine wichtige Rolle spielen und nicht in meinem echten Leben.

Eines meiner liebsten Bilder meines LARP-Charakters Irianna.

Diese 10 Dinge solltest du über Liverollenspiel wissen:

  1. Das Spiel im LARP entsteht dadurch, dass alle Beteiligten Mühe in ihre Darstellung und Ausrüstung stecken. Den Rahmen schafft dann eine Spielleitung, die auch eine Grundhandlung inszeniert. Es steht aber allen Spieler:innen frei, wie sie darauf reagieren wollen.
  2. Die Menschen, die LARP spielen, stammen aus den unterschiedlichsten Alters- und Berufsgruppen und lassen sich kaum über einen Kamm scheren. Gemeinsam ist ihnen – wer hätte es gedacht – eine gewisse Nerdigkeit.
  3. Liverollenspiel ist ein wahnsinnig kreatives Hobby, das nicht nur auf den Veranstaltungen selbst stattfindet. Viele Spieler:innen nähen, sticken, machen Lederarbeiten, üben Lieder ein, denken sich schöne Magie-Darstellungen aus und vieles mehr. Diese Kreativ-Explosion ist einer der Gründe, warum mich das Hobby so begeistert.
  4. Weil es immer wieder gefragt wird: Ja, wir können Spiel und Realität sehr gut unterscheiden. Das kannst du ja auch, wenn du einen Krimi schaust. Wer das nicht kann, sollte kein LARP machen, sondern Therapie.
  5. Im LARP schlüpft man in eine andere Rolle, die man sich selbst aussucht. Das kann eine Möglichkeit sein, Sehnsüchte und versteckte Eigenschaften auszuleben. Ganz häufig ist das aber nicht so, sondern es geht einfach um den Spaß am Spiel. Es läuft oft in eine falsche Richtung, wenn man LARP zu stark psychologisiert. Um noch einmal das Beispiel aufzumachen: Wenn du gerne Krimis liest, bedeutet das ja auch nicht, dass du insgeheim Leute ermorden möchtest.
  6. Nein, du kannst nicht einfach mal zuschauen, sorry.
  7. Die meisten LARP-Veranstaltungen werden von Privatpersonen oder Vereinen ehrenamtlich organisiert. Ausnahmen sind vor allem die großen Veranstaltungen mit mehreren Tausend Teilnehmer:innen, aber auch dort arbeiten die meisten Beteiligten ehrenamtlich.
  8. Das Spiel funktioniert nach bestimmten Regeln. Früher waren das oft Punktesysteme, ähnlich wie im Pen&Paper oder in Computerspielen. Inzwischen hat sich „DKWDDK“ durchgesetzt: „Du kannst, was du darstellen kannst.“ Liefere schönes Spiel, dann steigt die Chance, dass andere schön darauf reagieren. Dadurch entstehen dann beeindruckende, lustige, epische Szenen.
  9. Im Liverollenspiel steigt man zwar sehr weit aus dem Alltag aus, hat sich aber natürlich immer noch selbst dabei. Deshalb ist es so wichtig, die Bedürfnisse der „echten“ Personen nicht aus dem Blick zu verlieren. Jede:r kann jederzeit aus dem Spiel aussteigen und Sicherheit geht vor. Am Ende geht es darum, dass alle gemeinsam Spaß haben.
  10. Im LARP wird auch gekämpft, und zwar mit Polsterwaffen, die inzwischen ziemlich echt aussehen, aber niemanden verletzen. Trotzdem gibt es gerade im Kampf hohe Sicherheitsregeln: Kopf-, Hals- und Genitaltreffer sind verboten und man bremst die Schläge ab. Meistens funktioniert das sehr gut.

Übrigens: Ich habe bis zum Sommer 2024 auch LARPs veranstaltet und intensiv an einer Hintergrundwelt mitgearbeitet. Jetzt bin ich in Orga-Ruhestand gegangen und genieße wieder mehr Zeit als Spielerin.

Übrigens, Nr. 2: Ich schreibe seit Jahren immer wieder für die Zeitschriften LARPzeit und Zauberwelten über verschiedenste Aspekte rund ums LARP. Manche Artikel sind auch online verfügbar, zum Beispiel dieser über Halbelfen.

Mein Nerd-Thema Nummer 2: Geocaching

Geocaching ist ein weiteres eher nischiges Hobby, das ich sehr liebe. Hier habe ich schon einmal darüber gebloggt, warum ich das Cachen so mag, und eigentlich könnte ich noch drei Dutzend weitere Gründe dafür anführen. Es ist einfach ein tolles, vielseitiges und spannendes Hobby, das mich immer wieder nach draußen und in Bewegung bringt, was alleine schon ein riesiger Vorteil ist.

Geocaching wird oft als „moderne Schnitzeljagd“ beschrieben. Prinzipiell funktioniert es so: Geocacher:innen verstecken irgendwo draußen einen Behälter mit einem Logbuch und veröffentlichen die Koordinaten im Netz. Andere Spieler:innen können dann vor Ort auf die Suche danach gehen, sich in das Logbuch eintragen und anschließend den Fund online loggen.

Meine erste Dose habe ich 2015 gefunden. Ich kann mich noch gut an dieses Gefühl erinnern, einen „Schatz“ zu finden, der einfach vor aller Augen im Wald liegt und von dem die meisten Menschen gar nichts ahnen. Inzwischen (Stand August 2024) sind mehr als 1250 Caches dazugekommen:

Winzigkleine Caches in Schneckenhäusern oder Schraubenköpfen, durchschnittlich große in Tupperdosen, Filmdöschen und PETLingen, riesige in Mülltonnen, Stromkästen, Regentonnen oder Streugutbehältern.

Simpel versteckte Caches an einer Leitplanke oder zwischen Wurzeln, aber auch super gut getarnte, die erst nach langem Suchen zu finden waren.

Ich habe Caches auf Bäumen, in Unterführungen, im Wasser, in Kanalrohren und in „Lost Places“ gefunden.

Ich habe Gelegenheitscaches mitgenommen, wenn ich zufällig irgendwo vorbeikam, und ich habe aufwendige Touren geplant.

Ich habe immer wieder Phasen, in denen ich sehr viel zum Geocachen gehe, und dann wieder Monate, in denen gar nichts passiert. Aber ganz loslassen wird mich das Hobby so schnell sicher nicht.

Diese 10 Dinge solltest du über Geocaching wissen:

  1. Früher brauchte man zum Cachen noch ein GPS-Gerät und ziemlich nerdiges Spezialwissen. Heute reicht eine App auf dem Smartphone und schon kann’s losgehen. Wie das im Einzelnen funktioniert, habe ich hier schon einmal erklärt.
  2. Geocaching ist eine gute Möglichkeit der Gamification, wenn es darum geht, mehr nach draußen zu gehen und sich zu bewegen. Für mich funktioniert so was sehr gut, nicht nur in diesem Bereich.
  3. In manchen Geocaches liegen Tauschgegenstände: Murmeln, Sticker, Ü-Eier-Figuren etc. Wer möchte, nimmt sich einen Gegenstand und lässt einen anderen da. Dieser Aspekt des Cachens wird aber in der Außenwahrnehmung deutlich überschätzt. In sehr vielen Dosen liegen gar keine Tauschgegenstände und wenn doch welche da sind, handelt es sich oft eher um Müll als um Schätze. Manchmal findet man echt nette Sachen, aber am Ende geht es nicht um dieses Tauschen, sondern um Finden und ums Eintragen ins Logbuch.
  4. Unauffälliges Verhalten gehört zu den Grundregeln beim Geocachen. Unbeteiligte sollen möglichst wenig von der Suche mitbekommen. Das hat drei Gründe: Erstens werden Caches viel häufiger zerstört oder entfernt, wenn „Muggels“ darüber Bescheid wissen. Zweitens sind Menschen manchmal beunruhigt, wenn sie sehen, wie Leute komisch rumsuchen und irgendwelche Dinge aus Verstecken ziehen. Sie denken dann womöglich an Drogen oder andere kriminelle Dinge und das muss ja nun wirklich nicht sein. Und drittens erhöht es ganz einfach den Spielspaß, wenn eine gewisse Geheimniskrämerei dazukommt.
  5. Eine weitere (leider nicht immer beachtete) Grundregel ist der vorsichtige Umgang mit den Caches und der Umgebung. Erst schauen, dann anfassen! Nichts mit Gewalt öffnen! Die Natur nicht beschädigen, weder beim Verstecken noch beim Suchen! Ich finde das enorm wichtig.
  6. Es gibt ganz unterschiedliche Geocaches, zum Beispiel Tradis (die klassische Form), Mysterys (bei denen man zunächst ein Rätsel lösen muss, bevor man die Koordinaten bekommt), Multis (bei denen man wie bei einer Schnitzeljagd mehrere Stationen abgeht und erst am Ende die Dose findet) oder Adventure Labs (bei denen es gar keine Dose gibt, sondern man stattdessen in einer speziellen App Fragen vor Ort beantwortet). Ich persönlich mag Tradis und Adventure Labs am liebsten, aber da unterscheiden sich die Vorlieben ganz beträchtlich.
  7. Für viele Geocacher:innen (auch für mich) spielt die Statistik eine wichtige Rolle beim Spielen. Man schreibt sich nicht nur ins Logbuch vor Ort ein, sondern loggt die Funde auch anschließend online. Und dort gibt es auch viele Übersichten, die zumindest mir großen Spaß machen und Ansporn bieten: Wie viele Funde gab es in den verschiedenen Jahren? Welche Schwierigkeitswertungen habe ich schon gefunden? Wo waren die meisten Funde? Welches ist der älteste Cache, den ich gefunden habe? Mit solchen Dingen kann ich mich lange beschäftigen und darüber fachsimpeln.
  8. Natürlich gibt es beim Geocachen (wie in jedem Hobby und „Fachgebiet“) eine Menge Spezialausdrücke. Viele davon habe ich hier schon einmal erklärt.
  9. Was ich besonders liebe: Beim Geocachen kommt man an Orte, die man sonst niemals gefunden hätte. Ruinen, Quellen, Denkmäler, Orte mit tollem Ausblick … Selbst in der direkten Umgebung gibt es unzählige solcher Orte, bei denen sich ein Besuch definitiv lohnt, auf die ich aber ohne das Geocaching nie gekommen wäre.
  10. In der Geocaching-App gibt es Souvenirs. Das sind kleine Bildchen als Belohnung, zum Beispiel beim ersten Fund in einem neuen Land oder Bundesland oder beim Loggen an bestimmten Aktionstagen. Außerdem gibt es immer wieder Aktionen, bei denen man durchs Finden Punkte sammelt und dann Souvenirs als Belohnung bekommt. Da sind wir wieder beim Thema Gamification! Mich motivieren solche Kleinigkeiten sehr, mal wieder loszugehen und ein paar neue Dosen zu finden.

Persönliche Fun-Facts zum Thema Geocaching:

  • Der Cache mit der geringsten Entfernung zu meinem Zuhause war nur 160 m entfernt. Die größte Entfernung waren 826 km (Luftlinie natürlich).
  • Mein höchstgelegener Fund lag 796 m über dem Meeresspiegel, der niedrigste 1 m.
  • Am 8. Mai 2021 habe ich 45 Caches an einem Tag gefunden, mein persönlicher Rekord bisher.
  • Wenn man die Entfernungen zwischen meinen gefundenen Caches zusammennimmt, habe ich schon 59 Prozent einer Weltumrundung zurückgelegt.
  • Der älteste Cache, den ich je gefunden habe, liegt dort schon seit 2002.

Mein Nerd-Thema Nummer 3: ADHS

2023 wurde bei mir ADHS diagnostiziert, nachdem schon in den Jahren zuvor mehrere Menschen in meinem nahen Umfeld diese Diagnose bekommen haben. Hier habe ich schon einmal darüber geschrieben, wie es zur Diagnose kam und warum sie so wichtig für mich ist.

Titelbild: Scherenschitt eines Kopfes, Fäden und Puzzleteile deuten Verwirrung an.

Okay, das erklärt vieles: meine ADHS-Diagnose.

Ich habe mich in den letzten Jahren sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Ich habe mich mit unterschiedlichen Fachleuten unterhalten, Bücher und Fachartikel gelesen, Betroffenen zugehört, Social-Media-Kanäle zum Thema verfolgt, mich wieder und wieder selbst reflektiert. ADHS ist wahrscheinlich ein entscheidender Grund für meine Nerd-Interessen und andererseits ist es selbst zu einer Art Spezialinteresse von mir geworden. Mir ist nämlich klar geworden, wie viele Menschen da draußen herumlaufen, die ADHS oder eine andere Form der Neurodivergenz haben, es aber nicht wissen.

Ich sag‘ euch, wie es ist: Wenn ich ADHS habe, dann kann es ungefähr jede:r haben. Ich entspreche nach außen hin so wenig dem typischen ADHS-Bild, aber wenn man genauer hinschaut, erfülle ich fast jedes Diagnosekriterium in einem wirklich hohen Maß. Genau die untypische Außenwirkung hat aber dazu geführt, dass ich 43 Jahre alt werden musste, bevor ich erfahren habe, warum ich so bin, wie ich bin.

Das Thema hat noch immer zu wenig Aufmerksamkeit und selbst Ärzt:innen und Therapeut:innen wissen oft zu wenig darüber. In den letzten 10 oder 20 Jahren hat sich das Bild von ADHS in der Wissenschaft deutlich gewandelt. Es sind viele, viele neue Erkenntnisse dazugekommen, gerade auch über ADHS bei Frauen und Mädchen und über die Entwicklung bei Erwachsenen. Ich wünsche mir wirklich, dass ich vieles schon früher gewusst hätte, bin aber wahnsinnig froh, dass ich es jetzt weiß und damit umgehen kann.

Diese 10 Dinge solltest du über AD(H)S wissen:

  1. ADHS ist keine Modeerkrankung und ganz sicher keine Erfindung. Es ist eine echte Störung mit sehr, sehr vielen Auswirkungen, auch wenn nicht immer alle nach außen sichtbar werden.
  2. Nicht jedes ADHS geht mit sichtbarer Hyperaktivität einher. Es gibt Formen, bei denen die Hyperaktivität nicht besonders ausgeprägt ist. Es gibt Menschen, die sehr gut maskieren können und sich in der Öffentlichkeit mit großer Anstrengung zusammenreißen, um nicht aufzufallen. Und es gibt Ausprägungen von Hyperaktivität, die vor allem im Inneren stattfinden und sich in Form von Nervosität, innerer Unruhe und Ängsten äußern können. Früher hat man zwischen ADHS (mit Hyperaktivität) und ADS (ohne Hyperaktivität) unterschieden. Inzwischen sieht man AD(H)S eher als Spektrum mit sehr individuellen Ausprägungen an.
  3. ADHS bedeutet Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts)-Störung. Das heißt aber nicht, dass wir zu wenig Aufmerksamkeit bekommen haben, sondern dass wir unsere eigene Aufmerksamkeit nicht gut bündeln und steuern können.
  4. ADHS bedeutet längst nicht nur, sich nicht gut konzentrieren und organisieren zu können. Es gibt unzählige Symptome, die damit zusammenhängen können. Dazu gehören selbst so abstruse Dinge wie hypermobile Gelenke oder stärkere Periodenschmerzen. ADHS kann Auswirkungen auf jeden Lebensbereich haben und sollte alleine schon deshalb nicht kleingeredet werden.
  5. Bei den meisten Menschen geht ADHS entgegen früherer Meinungen nicht weg, wenn sie erwachsen werden. Sie lernen nur besser, mit ihren Symptomen zurechtzukommen und sie zu verbergen. Viele ADHSler:innen wurschteln sich dann verzweifelt durchs Leben und fragen sich die ganze Zeit, was mit ihnen nicht stimmt. Und gar nicht wenige landen irgendwann mit Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen oder Burn-Out in der Therapie, weil ihre ursprüngliche Problematik nicht behandelt wird.
  6. Ritalin und ähnliche Medikamente sind definitiv einen Versuch wert, auch dann, wenn man irgendwie „zurechtkommt“. Sie machen uns nicht zu neurotypischen Menschen, aber sie können eine unendlich große Hilfe sein. Hört auf, diese Medikamente unreflektiert zu verteufeln und damit Menschen wichtige Hilfen zu nehmen!
  7. ADHS ist (meisten) keine Behinderung, aber auch keine Superkraft. ADHS bedeutet, dass das Gehirn nach anderen Regeln spielt. Das geht mit bestimmten Eigenschaften einher, die den Alltag extrem erschweren, und mit anderen, die schon sehr genial sind. Wir bekommen aber immer ein Gesamtpaket. Weder Kleinreden noch Glorifizieren ist eine Hilfe.
  8. Wenn wir sagen, dass eine bestimmte Verhaltensweise an unserem ADHS liegt, dann bedeutet das nicht, dass wir es als Ausrede verwenden wollen. Es bedeutet, dass wir unsere eigenen Stärken und Schwächen erkannt haben und um Verständnis bitten, dass uns manche Dinge sehr viel schwerer fallen als anderen Menschen.
  9. Mach dir doch eine Liste“, ist keine Hilfe. Glaub mir: Gerade spätdiagnostizierte ADHSler:innen haben schon sehr, sehr viel probiert, um sich zu organisieren und irgendwie klarzukommen. Wenn die Lösung so einfach wäre, hätten wir sie schon gefunden.
  10. ADHS ist vererbbar. Wenn deine Kinder, Eltern, Geschwister die Diagnose bekommen haben, lass dich testen! Und: ADHSler:innen ziehen sich gegenseitig an. Wenn dein halbes Umfeld neurodivergent ist, lohnt sich ein Test bei dir vielleicht auch.

Diese Themen haben es nicht in den Blogartikel geschafft:

Ich habe ja schon in der Einleitung geschrieben, dass ich noch über viele weitere Themen hätte schreiben können. Diese vier Themen wollte ich eigentlich in den Text mit hineinnehmen, habe sie dann aber doch rausgeworfen:

  1. ABOREA: ein Pen&Paper-System, das ich sehr liebe und an dem ich seit Jahren mitschreibe, unter anderem im Blog, im Newsletter und beim Atlas, der vor einigen Jahren erschienen ist.
  2. Ghostsitter: eine wunderbare Buch- und Hörspielreihe, die mich sehr begeistert und in den letzten Monaten über das Mammutprojekt „ghostsitter-fans.de“ intensiv beschäftigt. Ich habe übrigens sogar mein aktuelles Jahresmotto aus Ghostsitter ausgewählt.
  3. Hospizarbeit: Ehrenamt und Herzensangelegenheit, über die ich seit Jahren immer wieder schreibe, zum Beispiel hier, hier oder hier.
  4. Feminismus: frustrierendes, nervtötendes, aber so unendlich wichtiges Thema. Im März habe ich schon einmal ausführlich darüber geschrieben, warum wir Feminismus immer noch brauchen.

Und du? Was ist dein Nerd-Thema? Wenn du selbst darüber schreiben willst, freue ich mich über einen Beitrag zu meiner Blogparade!

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Birgit,

    ich hab mir aus deinen „Nerd“ Artikeln speziell den Abschnitt über ADHS ausgesucht und interessiert gelesen, weil ich in der Bekanntschaft ein Kind hab, das betroffen ist, mittlerweile auch diagnostiziert.

    Und du hast vollkommen recht, was ich bisher gelesen hab, wird ADS/ADHS eher als eine Art Randthema dargestellt. Tatsächlich sind jedoch wahrscheinlich viel mehr Menschen betroffen, aber es wird halt nicht entsprechend zugeordnet, weil es schwierig diagnostizierbar ist, ohne ein notwendiges Vorwissen.

    So war das auch bei dem Mädel, das ich kenne. Weil sie nicht zappelig ist, aber eben ein Problem mit der Aufmerksamkeit/der Konzentration hat und sich schwerlich selbst organisieren kann , obwohl sie mittlerweile in der Mittelstufe im Gymnasium ist, unterstellte man ihr anfangs oft, dass Missgeschicke wie, was vergessen, was verloren (was bei ihr wirklich oft vorkommt) mit Absicht gemacht hat.

    Und ich denke, das passiert oftmals bei Kindern, dass man das – sofern kleiner – mit der Trotzphase gleichsetzt oder später mit der Pubertät. Das ist natürlich fatal, weil man diesen Kindern dann noch unrecht tut, obwohl sie gar nichts dafür können.

    Danke für deinen aufschlussreichen Artikel und viele Grüße 🙂

    Silvia

    Antworten

    • Liebe Silvia,
      vielen Dank für deine Rückmeldung, das freut mich unheimlich! Ja, es dauert leider gerade bei Mädchen oft sehr lang, bis man auf die richtige Spur kommt. Bis dahin kann schon viel Schaden angerichtet sein. Alles Gute für das Kind in deiner Umgebung 🙂
      Viele Grüße
      Birgit

      Antworten

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