Heute ist Halloween, ein Fest, das immer noch die Gemüter erregt.
Um es gleich vorwegzunehmen: Ich mag Halloween und finde es ein bisschen schade, dass es noch nicht gefeiert wurde, als ich ein Kind war. Ich freue mich immer sehr, wenn ich die (wenigen) Kinder durch die Straßen ziehen sehe.
Das sieht nicht jeder so und in jedem Jahr gibt es sie wieder, diejenigen, die meinen, Halloween sei überflüssig, nervig, unpassend und müsse am besten einfach wieder weg. Ich schaue mir ein paar der Argumente genauer an.
Argument gegen Halloween, Nr. 1: Das ist doch alles nur Kommerz!
Plastik-Skelette, künstliche Spinnennetze, aufwendige Kostüme und dann noch die vielen Süßigkeiten, das ist doch alles nur Kommerz!
Da ist natürlich etwas dran: Wer mag, kann an Halloween ordentlich Geld ausgeben. Aber ein Argument gegen Halloween ist das eigentlich nicht. Schließlich wird niemand gezwungen, sich in Unkosten zu stürzen.
Zum einen muss niemand mitmachen bei Halloween, dann kostet es gar nichts.
Und zum anderen geht Dekoration auch zum ganz kleinen Preis: Vieles lässt sich selbst basteln, der ausgehöhlte Kürbis gibt (je nach Sorte) noch einen großen Topf Suppe und ein paar Teelichter in Einmachgläsern beleuchten alles schummrig.
Sind wir doch mal ehrlich: Die meisten unserer Feste haben einen großen kommerziellen Anteil. Die Ausgaben für Weihnachten, Silvester oder Ostern sind in den meisten Haushalten sicher sehr viel höher als die an Halloween. Das kann man gut oder schlecht finden oder es kann einem egal sein. Aber wer einerseits Hunderte von Euro für Silvesterkracher ausgibt, andererseits aber Kommerz als Argument gegen Halloween verwendet, der braucht nur eine Ausrede.
Argument gegen Halloween, Nr. 2: Das Betteln der Kinder nervt!
Dass Kinder von Haus zu Haus ziehen und um Geld oder Süßigkeiten bitten, ist nun wirklich keine neue Erfindung:
- Bei den Sternsingern zum Beispiel werden einerseits Spenden für einen guten Zweck gesammelt, andererseits aber auch Süßigkeiten und Geld für die Sternsinger selbst. Ich war als Kind einige Jahre lang in unserer Kirchengemeinde als Sternsingerin unterwegs. Wir mussten teilweise unsere Tour unterbrechen, um die schweren Tüten mit den Süßigkeiten zwischendurch zu leeren.
- Je nach Region war es noch zu den Zeiten meiner Eltern an unterschiedlichen Feiertagen üblich, dass die Kinder von Haus zu Haus gingen und Süßigkeiten oder Taschengeld bekamen. Ich weiß das zum Beispiel vom Nikolaustag, vom Neujahrstag und vom St.-Martins-Tag. Das ist inzwischen nicht mehr weit verbreitet. Warum sollte es also nicht durch etwas Neues ersetzt werden?
Vielleicht geht es aber auch darum, dass die Kinder an Halloween nicht freundlich-bescheiden bitten, sondern laut und bunt etwas einfordern? Wenn das das Problem ist, schadet es vielleicht nicht, das eigene Bild von Kindern mal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Wer nicht öffnen mag, kann ja die Türen zulassen. Ich habe bisher äußerst selten gehört, dass das wirklich Konsequenzen im Sinne eines Streichs gehabt hätte. Aber zu diesem Thema kommen wir im nächsten Punkt.
Argument gegen Halloween, Nr. 3: Die Streiche sind Sachbeschädigung!
Sachbeschädigung geht nicht in Ordnung, da sind wir uns natürlich einig. Wenn es schon Streiche gibt, dann müssen diese wirklich harmlos sein. Wenn wirklich Dinge verwüstet werden, dann sollte man dagegen vorgehen.
Aber mal ganz ehrlich: Hast du persönlich schon mal Vandalismus an Halloween erlebt? Und wie steht das mit Silvester, Fasching oder Volksfesten?
Ich kenne aus meinem Umfeld jede Menge Geschichten, bei denen an Silvester Feuerwerkskörper in Briefkästen, auf Balkone, in Vorgärten oder in Gullis geworfen wurden. Schlimmstenfalls in Personengruppen hinein. Oder von sturzbetrunkenen Karnevalisten, die in Hauseinfahrten pinkeln oder es witzig finden, Blumenkästen umzutreten. An Halloween habe ich persönlich noch nie etwas in dieser Richtung erlebt (auch wenn ich natürlich weiß, dass es das gibt). Ich bin sicher, das Problem ist längst nicht so weit verbreitet wie zu anderen Gelegenheiten.
Lassen wir die Kirche doch bitte im Dorf und sprechen uns ganz allgemein gegen Vandalismus aus, nicht gegen einen speziellen Anlass, der missbraucht werden kann.
Argument gegen Halloween, Nr. 4: Das Fest hat hier keine Tradition!
Halloween ist vor 15 oder 20 Jahren aus den USA nach Europa geschwappt. 100 Jahre vorher haben es die Iren mit nach Amerika gebracht. Also, ja: Halloween hat hier keine lange Tradition, das ist richtig. Trotzdem verstehe ich das Argument nicht wirklich.
Alle Feste und Bräuche waren keine Tradition, bis sie es dann halt irgendwann wurden. Ich nehme an, in 20 oder 30 Jahren kräht kein Hahn mehr danach. Aber jetzt ist es eben noch neu und damit irgendwie unangenehm für manche.
Manchmal hört man in diesem Zusammenhang, Halloween würde andere Bräuche verdrängen, die zum Beispiel an Allerheiligen regional üblich sind. Ich bin überzeugt davon, dass das nicht stimmt. Die Bräuche waren schon vor dem Aufkommen von Halloween stark im Abflauen und zwar deshalb, weil sie so stark christlich geprägt sind.
Ich habe hier im letzten Jahr darüber geschrieben, wie ich Allerheiligen als Kind erlebt habe. Ich mochte das, aber ich habe als Erwachsene niemals den Drang verspürt, diese Tradition weiterleben zu lassen oder an die nächste Generation weiterzugeben. Ich glaube, so geht es vielen. Halloween kam erst später und rutschte in diese Lücke hinein.
In den letzten Jahrzehnten sind viele alte Bräuche weggebrochen, nicht nur um Halloween herum. Ich merke das zum Beispiel in meiner ehrenamtlichen Arbeit als Hospizbegleiterin. Sehr viele alte Gewohnheiten und Riten rund um Sterben und Trauer sind sehr religiös geprägt und holen damit viele Leute nicht mehr ab. Von einem Verdrängen durch neue Traditionen ist da nicht die Rede. Im Gegenteil: Es bleiben Lücken, die dringend durch neue, passendere Traditionen gefüllt werden müssen.
Argument gegen Halloween, Nr. 5: Kinder werden erschreckt!
Wart ihr schon mal rund um den Nikolaustag in Österreich, wenn die Perchten und Krampusse umgehen? Ich sag euch, DA könnt ihr euch mal Gedanken machen, ob Kinder erschreckt werden, und das ist gute alte Tradition! Ich hatte jedenfalls ganz schön Schiss, als ich das (als Erwachsene!) zum ersten Mal erlebt habe.
Ich würde mir sehr gut überlegen, ob ich ein kleines Kind zu einem Perchtenlauf mitnehme. Nein, eigentlich muss ich da gar nicht überlegen: Würde ich definitiv nicht.
Und genauso ist es auch mit Halloween (und unzähligen anderen Dingen im Alltag): Man schaut eben, welche Umgebung für Kinder geeignet ist und welche nicht. Schließlich hat Halloween nicht nur die blutig-gruselige Seite, sondern auch die mit den lustigen Kürbissen und den niedlichen Gespenstern, an denen Kinder richtig viel Spaß haben.
Argument gegen Halloween, Nr. 6: Mich nervt der ganze Trubel einfach nur!
Hm, tja. Kann ich irgendwie verstehen. Mich nerven nämlich auch so manche Bräuche:
- Hier im Ort findet einmal im Jahr eine Prozession mit Blaskapelle und Verstärkungsanlage für die Gebete statt – nachts um 4 Uhr.
- Um Karfreitag herum sind die Glocken abgestellt, stattdessen laufen Kinder mit unfassbar lauten Ratschen durch die Straßen, um ans Gebet zu erinnern. Und – um noch mal auf Argument 2 zurückzukommen – danach klingeln sie an den Haustüren und bekommen dort Süßigkeiten und Spenden.
- Überhaupt, Kirchenglocken! Wenn man nahe an einer Kirche wohnt, können die unfassbar nervig sein.
- Hast du dir schon mal die Straßen nach einem Faschingsumzug angeschaut? So viel zum Thema Kommerz und Vandalismus und so …
- Auch die Bollerwagen mit betrunkenen Männern am Vatertag finde ich einfach nur widerlich und nervig.
Und was tue ich gegen diese ganzen Bräuche und Feste, die mich nerven? Nichts natürlich. Andere Menschen haben Spaß daran oder es bedeutet ihnen etwas. Also nehme ich es eben hin. So häufig ist ja nicht Vatertag oder Karfreitag oder diese seltsame Nachtprozession. Und Halloween eben auch nicht.
Also: Habt einfach Spaß heute und lasst es euch gut gehen, mit oder ohne Halloween!