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Kommentare löschen und Accounts blockieren ist Zensur?

rosa Hintergrund. Tastatur mit Vorhängeschloss. Dazu Text: "Kommentare löschen ist Zensur? - Warum das nicht stimmt und du viel mehr blockieren solltest"

Es gibt sehr gute Gründe, auf deinem Blog und deinen Socia-Media-Beiträgen viel mehr zu löschen und zu blockieren!

Warum das nicht stimmt und du viel mehr blockieren solltest

Vor Kurzem scrollte ich mich fassungslos durch den Social-Media-Auftritt eines potenziellen Kunden. Unter fast jedem Beitrag fanden sich Hassnachrichten, Spamlinks und hämische Kommentare. In seinem Blog – den ich inhaltlich hätte übernehmen sollen – zeigte sich ein ähnliches Bild. Er hatte zwar erstaunlich viele Kommentare für den Blog eines mittelständischen Unternehmens, aber die meisten davon waren Spam, Beleidigungen oder unkonstruktive Kommentare über die geschlechtergerechte Sprache im Blog.

Warum er das nicht lösche, habe ich ihn gefragt. Und bekam eine Antwort, die ich in diesem Zusammenhang schon öfter gehört habe: „Ich will doch keine Zensur ausüben!“ Ihr könnt es euch schon denken: Wir sind am Ende nicht zusammengekommen. Aber ich habe dieses Gespräch zum Anlass genommen, mal ausführlicher über das Löschen von unangemessenen Kommentaren und das Blockieren von nervigen Nutzer:innen zu schreiben. Es gibt nämlich viele gute Gründe dafür, genau das viel häufiger zu tun! Und Zensur hat damit überhaupt nichts zu tun.

Was ist Zensur und gehört Löschen dazu? Eine Begriffserklärung

Ganz klar: Zensur ist eine gefährliche Sache für die freiheitliche demokratische Grundordnung und sollte deshalb nicht oder nur im absolut notwendigen Maß vorkommen.

Allerdings wird der Begriff viel zu häufig verwendet – und meistens falsch. Übrigens insbesondere von denen, die ansonsten keinen gesteigerten Wert auf die Prinzipien der Demokratie legen und die dir mit diesem Vorwurf nur ein schlechtes Gewissen machen wollen. Denn das, was du auf deinem Blog oder auf deinen Social-Media-Profilen machst, hat mit Zensur nur sehr wenig zu tun.

Schauen wir uns also mal an, was Zensur tatsächlich ist:

Zensur bedeutet, dass die Informationsfreiheit von Medien eingeschränkt wird, und zwar in erster Linie vom Staat.

Wenn ein Staat Zensur ausübt, kontrolliert und überprüft er die (Massen-)Medien auf unerwünschte Inhalte und verbietet, korrigiert oder beschlagnahmt diese. In eingeschränktem Maß spricht man auch bei anderen sehr mächtigen Organisationen von Zensur, zum Beispiel bei großen religiösen Gruppen. Meistens ist aber staatliche Zensur gemeint.

In Deutschland gibt es keine staatliche Zensur, mit wenigen Ausnahmen: Im Sinne des Jugendschutzes wird zum Beispiel die Verbreitung von pornografischen Darstellungen oder die Verherrlichung von Gewalt eingeschränkt. Und natürlich setzen einige rechtliche Vorgaben der Meinungsfreiheit Grenzen. Verboten sind deshalb zum Beispiel die Holocaustleugnung, der Aufruf zu Straftaten oder die Beleidigung oder Belästigung anderer Menschen. Darüber hinaus übt der Staat keine Kontrolle und Zensur in den Medien aus, auch wenn das gerade von rechter Seite oder von Verschwörungsgläubigen sehr häufig behauptet wird.

Klar ist jedenfalls: Was du in deinem eigenen Blog oder auf deinen Social-Media-Beiträgen tust, hat nichts mit Zensur zu tun.

Dieser Vorwurf ist also schon im Kern Blödsinn. Du übst hier keine Zensur aus (das kannst du als Privatperson oder Unternehmen per Definition gar nicht), sondern nutzt höchstens dein virtuelles Hausrecht.

Meinungsfreiheit und ihre Grenzen

Wenn das Löschen und Blockieren nun also keine Zensur ist, dann schränkt sie doch zumindest die Meinungsfreiheit anderer ein, oder? Nein, auch das nicht!

Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter in einer Demokratie und unendlich wichtig für eine freiheitliche Gesellschaft. Aber auch dieser Begriff wird sehr häufig im falschen Zusammenhang verwendet.

Meinungsfreiheit bedeutet, dass Menschen keine staatlichen Repressalien zu befürchten haben, wenn sie sich frei und offen äußern. Meinungsfreiheit bedeutet aber nicht, dass alle das Recht haben, jederzeit in jedem Medium und in jeder Umgebung ihre Ansichten verbreiten zu dürfen.

Ein paar Beispiele dazu:

  • Ich kann nicht einfach im Radio oder bei der Tagesschau anrufen und verlangen, dass ich dort meine Ansichten zum Weltgeschehen senden darf
  • Ich kann an die Tageszeitung zwar einen Leserbrief schreiben, aber ob dieser veröffentlicht wird, entscheidet die Zeitung, nicht ich. Ein Recht darauf, eigene Artikel zu veröffentlichen, habe ich schon gar nicht.
  • Ich habe kein Anrecht darauf, mich ungefragt an den Küchentisch meiner Nachbar:innen zu setzen und ihnen Vorträge über meine Weltsicht zu halten.
  • Ich kann nicht einfach in eine Schule gehen und der Klasse erklären, wie ich die Welt sehe. Auch dann nicht, wenn ich der Meinung wäre, dass in der Schule Falsches unterrichtet wird.
  • Ich habe kein Recht darauf, als Besucherin einer Demo, eines Festivals oder einer Autor:innenlesung auf die Bühne zu gehen und dort zum Publikum zu sprechen.
  • Und ich habe schon gar kein Anrecht darauf, meine Meinung mit Beleidigungen oder Herabwürdigungen zu spicken und dann keinen Widerspruch zu erwarten.

Ja, diese Beispiele klingen ein bisschen absurd. Aber genauso absurd ist es, dass einige Leute für sich das Recht beanspruchen wollen, in meinem Blog oder unter meinen Social-Media-Beiträgen ungefiltert alles zu äußern, was sie wollen. Das ist natürlich nicht der Fall.

Mein Blog ist meine persönliche Seite im Internet. Ich bezahle dafür Geld, ich kümmere mich um die Technik und natürlich um die Inhalte. Hier habe ich das virtuelle Hausrecht und kann jederzeit entscheiden, wer dort schreiben darf und wer nicht. Genauso, wie ich entscheiden kann, wer in mein Haus kommen darf und wie sehr sich die Person dort danebenbenehmen kann, bevor ich sie hinauswerfe. Denn um einen freundlichen und konstruktiv geäußerten Meinungsaustausch handelt es sich ja meist nicht, wenn man schon über eine Löschung nachdenkt. Doch dazu kommen wir später.

In den sozialen Medien ist es ein klein wenig komplizierter, weil du dort nicht im engeren Sinne das virtuelle Hausrecht hast. Das liegt juristisch gesehen bei der Plattform selbst. Trotzdem hast du jederzeit die Möglichkeit und Erlaubnis (ich würde sogar sagen, die Verantwortung), unter deinen eigenen Beiträgen Kommentare zu löschen. Dein Social-Media-Account ist deine persönliche Bühne, für die du mühsam Reichweite aufbaust. Wer diese Reichweite in den Kommentaren nutzen darf (und mit welchen Inhalten), kannst du selbst entscheiden und das solltest du auch tun.

Der Kampf gegen Hass und Hetze im Netz

Wenn wir über das Löschen von Kommentaren und das Blockieren von Personen im Netz sprechen, dann geht es nicht um freundliche und sachliche Meinungsäußerungen. Für mich ist klar: Ich lasse jederzeit Kommentare stehen, in denen jemand sachlich eine andere Meinung vertritt als ich. Auf solche Kommentare antworte ich auch gerne und lasse mich durchaus auf Diskussionen ein.

Aber sobald sich Beleidigungen, Herabwürdigungen, Hass und Hetze in den Kommentar mischen, sieht die Sache anders aus.

Machen wir uns nichts vor: Alle, die sich regelmäßig im Internet bewegen, haben ständig mit zersetzenden Verhaltensweisen zu tun, zum Beispiel diesen:

  • herabwürdigende, abwertende Kommentare
  • persönliche Beleidigungen
  • Rassismus, Sexismus, Ableismus, Queerfeindlichkeit, Fatshaming und ähnliche Diskriminierungen
  • Gewalt-, Mord- und Vergewaltigungswünsche, -androhungen oder -fantasien
  • sexuelle Übergriffigkeiten in Form von belästigenden Nachrichten bis hin zu Dickpics
  • Hass in allen denkbaren Formen
  • Gaslighting und Silencing
  • Lovescamming, Phishing und andere Betrugsversuche
  • und natürlich die unvermeidlichen Pornobots

Bei all diesen Dingen gilt: Wer sich so verhält, hat den sachlichen Diskurs längst verlassen. Hier ist jede Diskussion, jedes „Aushalten“, jedes Raumgeben fehl am Platz. Solche Verhaltensweisen sollten einfach keinen Platz im Netz bekommen. Leider gelingt das bisher nicht sehr gut und so kann leicht der Eindruck entstehen, das ganze Netz (oder vielleicht sogar die ganze Gesellschaft) bestünde nur aus Hass, Hetze, toxischer Männlichkeit und Gewalt.

Tatsache ist: Trolle sind im Netz zwar sehr präsent, aber es sind kleine Minderheiten. Das Problem ist nur, dass sie sehr laut sind und sehr viel Raum und Aufmerksamkeit für sich beanspruchen.

Die beste Möglichkeit im Kampf gegen Trolle ist, ihnen diesen Raum und diese Bühne zu verwehren. Sie beim ersten (oder spätestens beim zweiten) Fehlverhalten direkt zu blockieren und ihre Kommentare zu löschen. Don’t feed the trolls! Dieser weise Rat ist nicht neu, aber immer noch richtig.

Löschen und blockieren ist Community-Pflege

Aber ich kann doch nicht die Kommentare von potenziellen Kund:innen und treuen Leser:innen löschen!“ Dieses Argument höre ich immer mal wieder und ich habe dazu eine sehr klare Haltung:

Wer sich auf meinem Blog, unter meinen Social-Media-Beiträgen oder in meinem Nachrichtenpostfach nicht benehmen kann, gehört definitiv nicht zu meiner Zielgruppe. Hater sind keine potenziellen Kund:innen. Und wenn doch, dann will ich sie gar nicht haben.

Das Löschen und Blockieren von solchen Inhalten schadet deiner Zielgruppe nicht, sondern du schützt sie damit:

Rücksichtslose, beleidigende oder auch nur nervige Kommentare können deine Community rettungslos zersetzen. Wenn Trolle, Pornobots und Hater in deinen Internetpräsenzen wüten, wird deine echte Community sich in kürzester Zeit nicht mehr wohlfühlen. Sie wird leiser werden und sich schließlich ganz zurückziehen. Diesen Schaden wiedergutzumachen, das ist ausgesprochen schwierig.

Du schränkst mit dem Löschen von Nachrichten und dem Blockieren von unerwünschten Personen also nicht deine Community ein. Du sorgst im Gegenteil dafür, dass sie ein angenehmer Ort für diejenigen bleibt, die ernsthaft mit dir interagieren wollen. Und genau diese Personen sind potenzielle Kund:innen und treue Leser:innen. Diejenigen, die unangemessene Kommentare hinterlassen, sind es nicht.

Hater unsichtbar machen: Nutze den Social-Media-Algorithmus für dich

In den meisten sozialen Medien entscheiden Algorithmen darüber, welche Inhalte du vermehrt angezeigt bekommst und welche nicht. Die Details sind unterschiedlich (und auch nicht immer bekannt), aber grundsätzlich gilt:

Was du beachtest, wird dir häufiger in die Timeline gespült. Wenn du also mit einer Person interagierst, werden dir ihre Inhalte häufiger angezeigt. Und umgekehrt werden dann deine Inhalte auch den Freund:innen und Kontakten dieser Person stärker ausgespielt.

Ob du dabei freundliche Nachrichten austauschst, dich gegen Beleidigungen wehrst oder fruchtlose Diskussionen führst, ist dem Algorithmus herzlich egal. Entscheidend ist, was Interaktion bringt und dafür sorgt, dass du länger auf der Plattform bleibst.

Das bedeutet: Wenn du mit unangenehmen Personen diskutierst, ihre Profile anschaust und mit ihnen Nachrichten austauschst, bekommst du immer mehr solcher Inhalte angezeigt.

Und die Freund:innen dieser Personen (die höchstwahrscheinlich ähnlich unangenehm sind), sehen deine Beiträge ebenfalls häufiger. Du ziehst dir also durch intensives Diskutieren immer mehr nervige Inhalte und Personen an.

Umgekehrt lernen die Algorithmen (mehr oder weniger gut), mit welchen Personen du nicht interagieren willst. Das Löschen und Blockieren sorgt bei einem gut funktionierenden Algorithmus dafür, dass dir weniger solche Inhalte angezeigt werden und dass diese Personengruppen weniger von deinen Inhalten sehen. Auf manchen Plattformen klappt das überraschend gut, Threads ist da ein gutes Beispiel. Auf anderen ist der Effekt nicht so groß, aber die Tendenz ist trotzdem da.

Es hat also nicht nur eine kurzfristige Wirkung, wenn du unerwünschte Kommentare und Personen einschränkst und vor allem nicht mit ihnen interagierst. Es hilft dir auf Social Media auch nachhaltig. Mit der Zeit lernt der Algorithmus dadurch, dass er dir weniger von diesen Inhalten anzeigen soll.

Selbstwirksamkeit und persönliche Grenzen

Hasskommentare, Beleidigungen, Erniedrigungen, Gewaltandrohungen und ähnliche Übergriffigkeiten sind schwer auszuhalten. Auch wenn man „ein dickes Fell“ hat, wirken diese Nachrichten irgendwann zersetzend.

Wer sich darüber beklagt, bekommt immer wieder den gleichen toxischen Kommentar: „Wenn du dich öffentlich äußerst, musst du das aushalten und mit Hass und Hetze klarkommen.“ Ich sehe das völlig anders!

Die Tatsache, dass ich öffentliche Inhalte generiere, mich im Netz (oder sonstwo) zeige und einfach mein Leben lebe, gibt niemandem das Recht, mich zu beleidigen, herabzuwürdigen und zu bedrohen. Ich muss das nicht aushalten und mir kein dickes Fell zulegen. Ich kann diese Dinge nämlich löschen, die Verursacher:innen blockieren und damit so weit wie möglich meine persönlichen Grenzen wahren.

Zu verlangen, dass ich Hass aushalte, ist nichts anderes als Täter-Opfer-Umkehr. Nicht ich muss etwas ändern und mich anpassen, um Übergriffigkeiten besser zu ertragen. Sondern die Gesellschaft sollte so funktionieren, dass Hass, Hetze, Diskriminierungen und Beleidigungen gar nicht in diesem Maß bei mir ankommen. Wo das nicht gelingt (und es gelingt bisher im Netz bemerkenswert schlecht), habe ich alles Recht der Welt, mich und andere zu schützen, indem ich Kommentare lösche, Personen blockiere, Profile melde und/oder im Einzelfall Anzeige erstatte.

In extremeren Fällen kann und sollte man Übergriffigkeiten nämlich anzeigen. Dickpics (also unerwünscht versendete Penisbilder) sind zum Beispiel strafbar und du kannst sie anzeigen. Auf Seiten wie Dickstinction.com geht das sogar innerhalb kürzester Zeit und mit sehr wenig Aufwand.

Auch Beleidigungen, Drohungen und ähnlich strafrechtlich relevante Inhalte können prinzipiell angezeigt werden. (Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass solche Anzeigen viel zu häufig keinen Erfolg haben. Behalte also die Kosten-Nutzen-Rechnung und deine Energie im Blick. Oft ist Löschen die einfachere Variante, auch für deinen Seelenfrieden.)

In der Psychologie weiß man längst, dass Selbstwirksamkeit ganz entscheidend für die persönliche Stressbewältigung, die Resilienz und das Wohlbefinden ist. Selbstwirksamkeit ist das Gefühl, dass die eigenen Handlungen und Entscheidungen eine Bedeutung haben und wirkungsvoll sind. Sich gegen Herabwürdigungen, Beleidigungen und Hass zu wehren, kann ein sehr guter Schritt zu mehr Selbstwirksamkeit sein. Für mich ist es das jedenfalls.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Wenn du ähnlich tickst wie ich, dann kennst du das vielleicht: Ein negativer, beleidigender Kommentar beschäftigt dich stunden- oder tagelang. Du fragst dich, wie du darauf reagieren sollst und wie viel Wahres darin steckt, lässt dich vielleicht auf kräftezehrende Diskussionen ein und hängst viel zu lange auf Social Media oder in der Kommentarfunktion herum. Und das alles für eine Person, die direkt zu Beginn der Konversation deine Grenzen überschritten hat.

Ich habe mich entschieden, diese Energieverschwendung nicht mehr zuzulassen. Einen Kommentar zu löschen oder eine Person zu blockieren kostet nur wenige Sekunden und damit ist das Problem für mich erledigt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Person kann mich nicht mehr so einfach erreichen und ich muss mich nicht mehr damit beschäftigen.

Allerdings ist dabei wichtig zu wissen, dass das Blockieren nicht auf allen Social-Media-Plattformen den gleichen Effekt hat. Auf manchen bleibt die Person samt ihrer Kommentare noch für andere Leser:innen in deiner Community sichtbar, wenn du die Kommentare nicht einzeln löschst. Damit siehst du sie zwar nicht mehr, andere aber unter Umständen schon. Und damit ist im Bezug auf die Communitypflege und den Machtentzug der Trolle nur wenig gewonnen.

Meiner Beobachtung nach geht die Tendenz aber immer mehr hin zu „echtem“ Blockieren, durch das auch andere die toxischen Kommentare nicht mehr sehen können. Eine Entwicklung, die ich sehr begrüße.

Du solltest dich jedenfalls ein wenig damit beschäftigen, welche Effekte die einzelnen Maßnahmen auf deinen bevorzugten Plattformen haben. Das ist erst mal ein bisschen nervig, aber danach kannst du mit wenigen gezielten Klicks handeln und musst dich nicht mehr genauer damit auseinandersetzen.

Ab wann ist ein Kommentar herabwürdigend?

Über die Frage, ob ein Kommentar noch in Ordnung geht oder schon Grenzen überschreitet, kann man lange diskutieren. Wie strikt du beim Blockieren und Löschen vorgehst, ist eine Frage der individuellen Grenzen und des persönlichen Stils.

Ich bin zu einem ziemlich rigorosen Vorgehen übergegangen und habe mir einen sehr lockeren Blockfinger zugelegt. Das bedeutet im Detail:

Im Blog müssen Kommentare von unbekannten Personen von mir freigeschaltet werden. Und das tue ich nur dann, wenn der Kommentar höflich oder zumindest sachlich ist. Ein hämischer Tonfall kann schon reichen, um den Kommentar direkt in den Papierkorb oder Spamordner zu verschieben. Den gleichen Weg gehen nichtssagende, generische Kommentare mit Links, bei denen man merkt, dass sie in erster Linie dazu dienen, meinen Leser:innen etwas zu verkaufen.

Auf meinen Social-Media-Kanälen lösche ich Kommentare immer dann, wenn ich sie unangenehm finde. Man erkennt ja recht schnell, ob jemand ernsthaft an einer Diskussion teilnehmen oder nur Stunk machen oder seine Ablehnung äußern will. Spätestens ein Blick aufs Profil macht die Sache schnell klar und meistens blockiere ich die Person dann auch direkt.

Vorwarnungen gibt es bei mir nur selten und nur dann, wenn ich mir wirklich nicht sicher bin, ob sich jemand vielleicht nur unglücklich ausgedrückt hat. Ganz selten stellt sich dann mal etwas als Missverständnis heraus. In den meisten Fällen zeigt sich, dass ich auf die Vorwarnung hätte verzichten und die Person gleich hätte blockieren können.

Sofort und ohne Zögern lösche ich Kommentare, in denen bestimmte Personengruppen herabgewürdigt werden. Frauenfeindliche, rassistische, queerfeindliche oder ableistische Inhalte haben an den Stellen, die ich beeinflussen kann, einfach nichts verloren.

Auch bei Verschwörungserzählungen, rechten Anklängen oder unangemessenen Sexualisierungen kenne ich kein Pardon. Und ich bin auch dann gnadenlos, wenn sich zeigt, dass jemand meine Präsenz nutzt, um eigene Themen durchzudrücken.

Natürlich können die Grenzen bei dir anders liegen. Vielleicht stören dich andere Dinge, auf die du viel schneller reagierst als ich. Und vielleicht lässt du viele Kommentare stehen, die bei mir nicht durchgehen würden. Grenzen und Maßnahmen sind immer individuell. Finde eine Herangehensweise, die zu dir passt und dir guttut! Und dann ziehe sie durch, auch wenn vielleicht andere finden, dass das doch „nicht so schlimm“ war.

Deine Internetpräsenz, deine Grenzen. So einfach.

Aber ist das nicht furchtbar viel Arbeit?

Community Management ist Arbeit, das stimmt natürlich. Ich habe da leicht reden mit meinen paar Hundert Follower:innen. Wer täglich Hunderte oder Tausende Kommentare bekommt, muss sicher anders vorgehen und deutlich mehr Zeit einplanen als ich. Nötig ist das Community Management trotzdem.

Jens Scholz schreibt dazu schon 2018 in seinem Artikel „Die häufigsten Ausreden für schlechtes Community Management“:

Selbst wenn Community Management so aufwändig wäre wie es sich offensichtlich viele Verantwortliche vorstellen: Wenn ich in einen Kundendialog trete muss ich verfügbar sein. Ich kann meinen Laden auch nicht nur zwei Stunden am Tag öffnen, weil ich der Meinung bin, dass es ganz schön viel Geld kostet, immer VerkäuferInnen darin herumstehen zu haben.“

Im gleichen Artikel schreibt er, dass Community Management nicht so zeitaufwendig ist, sondern vor allem Know-how braucht. Leider werden genau an diesen Stellen in großen Medienhäusern oder Unternehmen aber Praktikant:innen eingesetzt, die wenig Erfahrung damit haben und sich ständig abstimmen müssen. Kein Wunder, wenn es dann viel Aufwand ist!

Ich stimme Jens jedenfalls absolut zu: Wenn es auf deinem Blog oder in deinen Social-Media-Auftritten die Möglichkeit gibt, zu kommentieren, dann bist du auch dafür verantwortlich, dort für eine halbwegs konstruktive Diskussionskultur zu sorgen. Auch wenn das Arbeit macht.

Zusammengefasst: 7 Gründe dafür, unkonstruktive Kommentare zu löschen und Hater zu blockieren

  1. Löschen und Blockieren ist keine Zensur oder Einschränkung der Meinungsfreiheit. Das wollen dir nur die Leute einreden, die ein Interesse daran haben, dass du sie unhinterfragt agieren lässt.
  2. Wer Hass und Hetze verbreitet, andere Menschen diskriminiert, beleidigt oder sie mundtot machen willl, hat den Bereich des sachlichen Diskurses längst verlassen. Solchen Verhaltensweisen sollten wir als Gesellschaft keinen unnötigen Raum geben.
  3. Die beste Möglichkeit im Kampf gegen Trolle und Hater ist es, ihnen so schnell wie möglich ihre Bühne zu nehmen. In deinem Blog und unter deinen Social-Media-Beiträgen hast du das selbst in der Hand.
  4. Löschen und Blockieren ist Community-Pflege. Indem du Hass, Beleidigungen und unkonstruktivem Herumstänkern keinen Raum gibst, sorgst du für eine angenehme Atmosphäre in deiner Community. Und das kommt denjenigen entgegen, die sich ernsthaft und konstruktiv mit deinen Inhalten auseinandersetzen wollen.
  5. Auf Social Media gilt: Das, was du beachtest, bekommst du mehr angezeigt. Indem du unangenehme Personen direkt blockierst und ihre Nachrichten löschst, fütterst du den Algorithmus so, dass er für dich arbeitet und idealerweise gar nicht mehr so viel Hass und Hetze zu dir durchkommt.
  6. Du musst nichts Übergriffiges aushalten, nur weil du öffentliche Inhalte teilst! Sich gegen Herabwürdigungen zu wehren, kann dem Gefühl von Selbstwirksamkeit und damit auch der eigenen geistigen Gesundheit sehr guttun.
  7. Verschwende keine Zeit mit unkonstruktiven Leuten, die sowieso nicht zu deinen Fans oder Kund:innen gehören! Lösche und/oder blockiere sie und wende dich wieder anderen Dingen zu.

4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Birgit,
    danke für diesen tollen Artikel. Eigentlich hatte ich immer alle unangebrachten Kommentare und Follower fleißig gelöscht. Irgendwann war ich jedoch so davon genervt, dass ich es gelassen habe. Dieser Artikel hat mich jetzt wieder motiviert, genauer hinzuschauen und so löschen.
    Danke & LG
    Dana

    Antworten

    • Liebe Dana,
      das freut mich sehr! Ja, nervig ist es, da gibt es leider nichts zu rütteln 🙁
      Viele Grüße
      Birgit

      Antworten

  2. Als ich anfing, zu bloggen, gab mir ein erfahrener Blogger den Ratschlag: Don’t feed the trolls.
    Daran habe ich mich immer gehalten. In meinem eigenen Blog bin ich auch rigoros. Ich freu mich über konstruktive Kommentare, die dürfen auch gerne kritisch sein. Für Diskussionen bin ich immer zu haben. Aber alles, was auch nur ansatzweise in Richtung Hass oder Hetze geht, fliegt raus. Mir ist es auch wichtig, den anderen, die sich mit ihren Kommentaren viel Mühe machen, einen geschützten Raum in meinem Blog zu bieten.
    Können alle von mir aus gerne Zensur krähen – mein Blog, meine Regeln. Ich verbiete ihnen ja nicht, ebenfalls eine eigene Webpräsenz einzurichten, auf der sie dann tun und lassen können, was sie wollen.
    Zum Glück geht es jetzt auf fast allen sozialen Medien ja auch, dass man Kommentare verbirgt oder kennzeichnet. Ich hab es auf social media immer so gemacht, dass ich alle Kommentare gewissenhaft beantworte – nur die der Hetzer und Scammer nicht. Mit Nichtachtung strafen – das klappt ziemlich gut.
    Ich finde es wichtig, dieses Thema immer wieder aufzugreifen, von daher hab ich mich über diesen Artikel sehr gefreut.
    Liebe Grüße
    Britta

    Antworten

    • Liebe Britta, vielen Dank, genau so sehe ich das auch!

      Antworten

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