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Comeback des Gendersternchens: Warum mir der Doppelpunkt nicht mehr reicht

Comeback des Gendersternchens! Warum mir der Doppelpunkt nicht mehr reicht.

Dass ich in meinem Blog gendergerechte Sprache verwenden würde, war mir vom ersten Moment an klar. Aber welche Form genau? Das hat sich immer mal wieder geändert. In den letzten zwei Jahren habe ich den Doppelpunkt verwendet, wenn es keine geschlechtsneutrale Formulierung gab. Ich fand ihn einfach ein wenig dezenter als das Gendersternchen.

Und genau das ist einer der Gründe, aus dem ich jetzt wieder zurück zum Sternchen wechsle. Für wen sollte ich schließlich in meinem eigenen Blog zurückhaltend sein? Außerdem gibt es noch weitere gute Gründe für den Wechsel.

Ab sofort heißt es in meinem Blog: Byebye Doppelpunkt, das Gendersternchen kehrt zurück! Die Gründe dafür erkläre ich hier.

Gendern mit Sternchen oder Doppelpunkt – ist das nicht egal?

Generell gibt es viele Möglichkeiten zum Gendern. Ich verwende mehrere nebeneinander.

Zum Beispiel versuche ich Ausdrücke zu vermeiden, in denen unnötig ein Geschlecht genannt wird. So spreche ich zum Beispiel im ABOREA-Blog von der „Spielleitung“ statt von „Spielleiter*innen“.

Oder ich schreibe in meinen Blogartikeln über Hospizarbeit über eine „sterbende Person“ statt über „den*die Sterbende*n“.

An vielen Stellen ist das ohne Einbußen in der Lesbarkeit möglich, an anderen nicht. Dann verwende ich das Gendern mit Sonderzeichen. Vor allem in der Mehrzahl („Spieler*innen“, „Lehrer*innen“, „Leser*innen“) funktioniert das inzwischen sehr reibungslos, wie ich finde. Selbst im mündlichen Sprachgebrauch.

Und manchmal verwende ich auch die Doppelnennung, auch wenn diese einen sehr großen Nachteil hat: Sie bildet nur Männer und Frauen ab und keine weiteren Geschlechtsidentitäten.

Das Gendersternchen und der Doppelpunkt (und auch der Unterstrich) erfüllen tatsächlich beim Gendern die gleiche Funktion:

  • Sie ermöglichen die Abbildung und Nennung der unterschiedlichen Geschlechter innerhalb eines Wortes, ohne umständliche Zusatzformulierungen finden zu müssen.
  • Das Sonderzeichen soll dabei für all diejenigen stehen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren.

Trotzdem gibt es ein paar kleine, aber feine Unterschiede. Und die bilden auch die Gründe für meine Rückkehr zum Gendersternchen:

Der Genderstern ist (wahrscheinlich) inklusiver für Menschen mit Sehbehinderung

Wenn es um das Thema Gendern geht, liest man immer wieder, dass blinde und sehbehinderte Menschen damit Probleme bekommen könnten. Die Screenreader könnten mit Sonderzeichen gegenderte Wörter nicht sinnvoll vorlesen. Sehr häufig folgt dann die Aussage, man solle lieber ganz auf das Gendern verzichten.

Dass das eine Ausrede ist und es den meisten Menschen mit diesem Argument sicher nicht um die Inklusion von behinderten Menschen geht, habe ich hier schon einmal beschrieben. Aber wie ist es nun mit den Screenreadern und generell mit dem Alltag blinder und sehbehinderter Menschen? Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten.

  • Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) empfiehlt, auf Sonderzeichen generell zu verzichten und lieber die Doppelnennung oder geschlechtsneutrale Begriffe zu verwenden. Wenn es ein Sonderzeichen sein soll, empfiehlt er allerdings das Sternchen, weil es für Menschen mit Sehbehinderung leichter zu erkennen ist als die anderen Sonderzeichen. Der Doppelpunkt wird ausdrücklich nicht empfohlen.
  • Die Uni Marburg sieht das so: Wenn möglich, solle man auf Sonderzeichen verzichten, aber wenn man welche verwenden möchte, sind alle gleich gut. Die meisten Screenreader sind unterschiedlich einstellbar: Die Nutzer*innen können also entscheiden, ob das Sonderzeichen vorgelesen werden soll, ob sie eine kurze Pause hören wollen oder ob sie ganz unterdrückt werden.
  • Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) spricht folgende Empfehlung aus: Auch er empfiehlt geschlechtsneutrale Formulierungen. Unter den Sonderzeichen gibt er allerdings dem Doppelpunkt den Vorrang.

So richtig klar ist die Aussage also gar nicht zu treffen. Mein Eindruck ist: Es geht hier wirklich nur um Feinheiten. Prinzipiell kriegen das moderne Screenreader und Programme schon hin.

Auf keinen Fall scheint mir die Einschränkung so groß, dass man gänzlich auf Sonderzeichen beim Gendern verzichten müsste. Mich überzeugt aber das Zusatzargument des DBSV, dass der Stern auch für sehbehinderte Menschen leichter zu erkennen ist als der viel unauffälligere Doppelpunkt.

Die queere Szene bevorzugt den Genderstern

Natürlich stimmt diese Überschrift nicht wirklich, weil es „die“ queere Szene mit einer einheitlichen Meinung nicht gibt. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass viele genderqueere Menschen das Sternchen lieber mögen als den Doppelpunkt. Und genau diese Personengruppe soll ja mit dem Sonderzeichen abgebildet werden.

Ein paar Stimmen dazu:

  • Auf genderleicht.de heißt es: „Die Queercommunity wünscht sich die vorrangige Nutzung des Gendersterns. Seine vielen Strahlen stehen für die vielfältigen Formen der geschlechtlichen Vielfalt. Dem Doppelpunkt dagegen fehlt diese Symbolkraft.“
  • In Marie Hechts Artikel „Wo bleibt der Freiraum“ schreibt sie: „Der hochgestellte Asterisk wiederum, auch Sternchen genannt, stammt ursprünglich aus der Programmiersprache, in der er einen Platzhalter für alle möglichen Werte verkörpert. Dementsprechend ist das sogenannte Gendersternchen ein Platzhalter für verschiedenste Geschlechtsidentitäten und eröffnet so einen Raum vielfältiger (Selbst-)Definition.“
  • Auf queeralternbern.ch steht: „Der Genderstern ist eine Selbstbezeichnung der queeren Community, die so ein Zeichen für Inklusion setzt.“

Ich habe übrigens schon ein paarmal gehört, wie jemand von „Damen, Herren und Sternchen“ gesprochen hat. Fand ich irgendwie niedlich.

Der Genderstern ist auffälliger als der Doppelpunkt

Ein Aspekt der gendergerechten Sprache ist es, Aufmerksamkeit zu erwecken. Kurzes Stutzen kann durchaus gewollt sein, um die Präsenz der Geschlechtervielfalt aufzuzeigen. Der Genderstern zeigt dies deutlicher als der Doppelpunkt. Außerdem ist der Stern auf den ersten Blick klarer zu erkennen. Der Doppelpunkt geht leichter unter.

Das Sternchen ist in der Schrift noch nicht anderweitig belegt

Ein Doppelpunkt ist ein normales Satzzeichen, das Sternchen dagegen nicht. Ich halte das für einen Vorteil, weil damit auf den ersten Blick klarer wird, dass es hier um gendergerechte Sprache geht. Außerdem kommt es nicht so leicht zu Missverständnissen.

Dass der Stern in der normalen Schrift nicht vorkommt, hat einen weiteren Vorteil: Man kann ihn nicht nur im Wort verwenden, sondern auch am Ende eines Wortes.

Frauen* zeigt zum Beispiel an, dass sowohl Frauen als auch (weiblich gelesene) nichtbinäre Personen gemeint sind. Diese Verwendung ist bei einem Doppelpunkt nicht möglich, weil er auch in der normalen Grammatik am Ende des Wortes verwendet wird.

Über das Gendersternchen regen sich Gendergegner*innen besonders auf

Das Gendersternchen ist für viele Gegner*innen zum Symbol für „Gender-Gaga“ geworden. Das war einer der Gründe, warum ich mich vor einigen Jahren für den Doppelpunkt entschieden habe. Man muss ja nicht absichtlich Ärger provozieren, wenn es sich vermeiden lässt, dachte ich.

Inzwischen sehe ich das anders: Das Gemecker über gendergerechte Sprachformen ist sowieso riesig. Hier habe ich schon einmal über unterschiedliche Kommentare zum Thema geschrieben, von denen extrem viele absolut unsachlich sind. Warum sollte ich Rücksicht auf Menschen nehmen, die sich so äußern?

Wenn ich mit meinen Sternchen (die ja, wie ich dargelegt habe, einige deutliche Vorteile haben) Konservativen und Rechten auf den Sack gehe, soll es mir recht sein.

Welche Form des Genderns solltest du in deinen Texten verwenden?

Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Möglichkeiten, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, und alle haben eine Aussage.

Du kannst das Thema heute nicht mehr so einfach umgehen, indem du das generische Maskulinum verwendest, denn auch das sagt eine Menge über dich und deine Haltung aus.

Aber welche Form ist nun die richtige für dich?

Das hängt in erster Linie von deiner Zielgruppe ab. Hier habe ich dir die verschiedenen Möglichkeiten mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt und gebe dir Hilfen, wie du die passende Form für dich auswählst.

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