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Jetzt mal Klartext: Was einfach alle über ADHS und ADHS-Medikamente wissen sollten

Titelbild zum Blogartikel "Jetzt mal Klartext: Was wirklich alle über ADHS und ADHS-Medikamente wissen sollten"Gestern habe ich auf Threads von meiner Idee erzählt, für ein Kind mit ADHS in meinem Umfeld einen ADHS-Funfact-Adventskalender zu gestalten. Ich habe gefragt, was das Kind unbedingt wissen sollte, und ein paar großartige Anstöße und Ideen bekommen. Und dann war da noch dieser abfällige Kommentar über ADHS-Medikamente:

„Dass Medikinet den Magen abschnürt, starke Müdigkeit, Schwindelattacken, Wutausbrüche, Aggressionen gegen sich selbst und alle anderen. Joa, fang doch mal damit an, bei einem 8-Jährigen. Statt das Kind einfach so sein zu lassen, wie es ist.“

Das Kind einfach so sein lassen, wie es ist, statt böse gefährliche Medikamente zu geben. Wow. Leider ist diese Sichtweise immer noch ekelhaft weit verbreitet. Deshalb hier mal ein paar Worte dazu von einer, die man „gelassen hat, wie sie ist“. Ich habe nämlich erst in meinen 40ern erfahren, dass ich ADHS habe.

ADHS heißt nicht nur „unkonzentriert“

Ich bin eine absolute Verfechterin davon, Menschen mit ADHS so sein zu lassen, wie sie sind. Und eigentlich jeden anderen Menschen auch. Aber dafür braucht es eine ganze Menge unterschiedlicher Maßnahmen, zu denen ich später noch genauer komme. Ihnen wirksame Medikamente zu verweigern, gehört definitiv nicht dazu.

In diesem „Lass-sie-sein-wie-sie-sind“-Trope schwingt immer noch das Vorurteil mit, „aufgeweckte“ Kinder würden mit Ritalin und Co. einfach ruhiggestellt werden, damit sie in der Schule funktionieren. Und das ist absoluter Quatsch. ADHS zu haben bedeutet nicht nur einen höheren Bewegungsdrang und/oder schlechte Konzentration.

ADHS bringt noch eine Menge anderer Dinge mit:

ADHS und das eigene Selbstbild

ADHS bedeutet, dass „normale“ Alltagsdinge nur mit großem Kraftaufwand zu bewältigen sind. Leider sind das oft genau die Dinge, die in unserer Gesellschaft ganz selbstverständlich vorausgesetzt werden und für deren Nicht-Erfüllung man immer und immer wieder Abwertung erfährt.

Viele Menschen mit ADHS glauben, dass sie faul, undiszipliniert, unfähig und/oder dumm sind. Auch weil ihnen das sehr häufig gespiegelt wird.

ADHSler:innen haben oft das Gefühl, nicht in diese Welt zu passen und den Ansprüchen an ein ganz normales Leben nicht zu genügen.
Sie erleben häufiger Mobbing und haben es sehr viel schwerer, ein gesundes Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein aufzubauen.

Begleiterkrankungen und Gesundheitsrisiken bei ADHS

Mit ADHS hat man ein deutlich erhöhtes Risiko für Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen, Zwangserkrankungen und Burn-Out. Tatsächlich fallen viele Menschen im Erwachsenenalter überhaupt erst auf, weil sie mit solchen Erkrankungen in den Therapiepraxen sitzen.

Zu diesen Risiken für psychische Erkrankungen kommen weitere Gesundheitsrisiken:

  • Menschen mit ADHS haben ein erhöhtes Unfallrisiko.
  • Manchmal kommen körperliche Begleiterkrankungen dazu, die auf den ersten Blick gar nichts mit ADHS zu tun haben, wie hypermobile Gelenke oder Menstruationsbeschwerden.
  • Körperliche Symptome aufgrund von psychosomatischen Ursachen treten häufiger auf.
  • Genauso wie Bluthochdruck, Diabetes, Fibromyalgie oder Lebensmittelallergien.
  • Zusätzlich fällt es ADHSler:innen durch ihre Schwächen im organisatorischen Bereich schwer, Vorsorge- und Behandlungstermine wahrzunehmen und Medikamentenpläne einzuhalten.
  • Und sie erhalten außerdem häufig Fehldiagnosen mit entsprechend falschen Behandlungen, weil die eigentliche Ursache des Problems lange Zeit nicht erkannt wird.

ADHS in Schule und Beruf

Sehr viele Menschen mit ADHS bleiben in Schule und Beruf massiv unter ihren Möglichkeiten und leiden darunter, fühlen sich als Versager:innen. ADHSler:innen haben häufig Schwierigkeiten, sich in Schule und Beruf gut zurechtzufinden:

  • Sie geraten häufiger in Konflikte mit Vorgesetzten, Lehrpersonen, Kolleg:innen.
  • Sie können sich schlechter „unterordnen“ oder in Hierarchien und fremdbestimmte Tagesabläufe einfügen.
  • Viele haben massive Schwierigkeiten mit langweiligen Themen und Routineaufgaben. Das hat nichts mit „kein Bock“ zu tun, sondern das Gehirn schaltet da unter Umständen regelrecht ab, sodass die Aufgaben nicht oder nur unter extremer Anstrengung möglich sind.
  • Sie verpassen wichtige Informationen, können sich nicht lange genug auf Aufgaben konzentrieren und verstehen mündliche Anweisungen schlechter. Das kann zu schlechten Noten in der Schule und mangelhaften Bewertungen im Job führen.
  • Und dann kommen ja noch die Schwierigkeiten dazu, sich selbst und die Arbeit zu organisieren.

All das bedeutet schlechtere Schul- und Berufsabschlüsse, weniger Verdienst, schlechtere Renten, ein höheres Risiko für (Langzeit-)Arbeitslosigkeit. Und in vielen Fällen ist das verbunden mit dem quälenden Gefühl, das selbst verschuldet zu haben, weil man sich „nicht genug anstrengt“.

Auswirkungen von ADHS in weiteren Lebensbereichen

Menschen mit ADHS haben deutlich erhöhte Kosten, zum Beispiel für Mahngebühren, das Ersetzen verlorener Gegenstände, Impulskäufe, nicht zurückgesandte Waren, versehentliche Doppelkäufe, nicht gekündigte Abos etc. Dadurch haben sie ein höheres Risiko, sich zu verschulden.

Viele ADHSler:innen haben massive Schwierigkeiten, sich zu entspannen, weil der Kopf ständig „laut“ ist. Das kann den Schlaf, die Gesundheit und die Lebensqualität extrem beeinträchtigen.

Wortwolke zum Thema ADHS

ADHS kann so viel mehr sein als nur Konzentrationsprobleme!

ADHS wirkt sich auf jeden Lebensbereich aus: auf den Beruf, die Beziehungen, die Kindererziehung, die Gesundheit, die Selbstorganisation, die Haushaltsführung, das Selbstbild. Es kann massive Einschränkungen und Probleme mit sich bringen und wahnsinnig viele Menschen wissen nicht mal, woran ihre Probleme liegen, weil sie nicht diagnostiziert werden.

Und dann muss man sich anhören, man solle ein Kind „so sein lassen, wie es ist“, statt ihm Medikamente zu geben. Ich könnte kotzen.

Was ADHS-Medikamente leisten können und was nicht

Disclaimer gegen Verharmlosung

Gleich vorweg: Ritalin und Co. sind keine Smarties. Es sind ernstzunehmende Medikamente, die in die Hirnchemie eingreifen. Natürlich können sie Nebenwirkungen haben, unter Umständen auch schwere. Natürlich müssen sie mit Vorsicht verschrieben werden und die Einnahme muss ärztlich begleitet sein.

Die Medikamente sind nicht für alle Betroffenen geeignet. Bei manchen wirken sie nicht. Bei manchen sind die Nebenwirkungen zu hoch. Bei manchen sprechen gesundheitliche Erwägungen dagegen. Manche empfinden den Zustand unter den Medikamenten nicht als angenehm. Manche haben zu starke Rebound-Effekte, wenn die Wirkung nachlässt. All das gibt es und man muss individuell ausprobieren, ob eines der verfügbaren Medikamente Vorteile bringt. Nicht für alle, aber doch für sehr viele Betroffene sind die ADHS-Medikamente eine echte Hilfe.

Medikinet und Co. sind weder Wundermittel noch Teufelswerk, sondern schlicht und ergreifend eine gut untersuchte Behandlungsmethode, die gegen einschränkende ADHS-Symptome helfen kann.

Meine Erfahrungen mit Methylphenidat gegen ADHS

Ich nehme jetzt seit einem knappen Jahr Methylphenidat. Das ist der Wirkstoff, der unter anderem in Ritalin und Medikinet steckt. Meine persönlichen Erfahrungen damit sind grundweg gut.

Das Medikament verändert nicht meine Persönlichkeit oder meine Art zu denken und zu fühlen. Aber es macht vorübergehend meinen Kopf ruhiger und versetzt mich in die Lage, für ein paar Stunden am Tag halbwegs „normal“ zu funktionieren.

Es gibt mir die Möglichkeit, meiner Arbeit nachzugehen, E-Mails zu beantworten, meine Buchhaltung zu machen und Haushaltsdinge zu erledigen, ohne ständig Krieg gegen mich selbst führen zu müssen.

Es hilft mir, wenigstens für einige Zeit in einen Flow zu kommen – ein Phänomen, das ich ansonsten nur in absoluten Ausnahmefällen erlebe.

Es ermöglicht mir, in lauter und trubeliger Atmosphäre zurechtzukommen, ohne dass ich danach stundenlange Erholung brauche, weil ich von den Reizen völlig ausgelaugt bin.

Und es hilft mir, mich zu verstehen. Weil es mir deutlich zeigt, wie ein „normales“ Gehirn funktioniert und wie krass es eigentlich ist, was ich mit meinem ADHS alles erreicht habe.

Die ADHS-Medikamente machen mich nicht „normal“

Die Tabletten machen mich nicht zu einer Superheldin, der alles gelingt. Sie machen mich noch nicht mal zu einer „normalen“, neurotypischen Person ohne ADHS. Ich struggle weiterhin mit vielen Dingen. Aber immerhin funktionieren jetzt die üblichen Tipps und Tricks besser, um mich zu belohnen, zu überlisten, zu disziplinieren, zu motivieren. Und das ist eine gigantische Hilfe.

Ritalin und Co. sind EINE mögliche Behandlungsform bei ADHS. Ein Baustein, der eine große Hilfe sein kann, manchmal sogar ein echter Gamechanger. Es sind gut untersuchte, wirksame Medikamente, die die teilweise arg belastende Symptomatik lindern können. Dafür bin ich extrem dankbar. Und deshalb macht es mich auch so wütend, wie abfällig oft darüber gesprochen wird.

Hört auf, wichtige Hilfsmittel schlechtzureden!

Würdest du bei einem Kind mit schlechten Augen sagen, man solle es „so sein lassen, wie es ist“? Oder würdest du ihm eine Brille besorgen?

Würdest du einem Kind mit Gehbehinderung sagen, es solle sich zusammenreißen und mehr Mühe geben? Oder würdest du ihm einen Rollstuhl oder eine Gehhilfe besorgen und Physiotherapie organisieren?

Würdest du behaupten, ein schwerhöriges Kind bekäme nur deshalb ein Hörgerät, damit es besser in der Schule funktioniert?

Würdest du einem Kind mit Migräneattacken Schmerzmittel verweigern?

Ich hoffe nicht!

Krankheiten und Störungen brauchen adäquate Behandlung, bei Behinderungen und Einschränkungen sind passende Hilfsmittel nötig. In allen Fällen braucht es eine barrierefreie Umgebung, die Vielfalt ermöglicht. Und da sind wir bei der Frage, wie es tatsächlich aussehen könnte, wenn man neurodivergente Menschen „so sein lässt, wie sie sind“.

Menschen mit ADHS „sein lassen, wie sie sind“: So könnte das aussehen

Ich wünsche mir sehr, dass wir eine Umgebung gestalten, in der neurodivergente Menschen sein können, wie sie sind. Und alle anderen übrigens auch. Einem Kind mit ADHS Medikamente zu verweigern und seine Störung schlechtzureden, ist aber kein Weg dahin.

Wenn du möchtest, dass ein Kind mit ADHS „sein kann, wie es ist“, würden diese Maßnahmen helfen:

  • Sorge dafür, dass das Kind versteht, was ADHS bedeutet. Mach es zum Profi für seine eigenen Besonderheiten, damit es lernen kann, sich damit zu lieben und im Alltag gut zurechtzukommen!
  • Widersprich entschieden, wenn das Kind sich selbst für dumm, faul oder unfähig hält oder andere das behaupten!
  • Informiere das Umfeld über ADHS! Großeltern, Erzieher:innen, Lehrer:innen, Betreuungspersonen.
  • Stell dich entschieden dagegen, wenn jemand abfällige Bemerkungen darüber macht.
  • Oh, und informiere dich selbst! Umfassend! Sprich mit Fachpersonen, Betroffenen und dem Kind selbst. Finde heraus, was es denkt und fühlt, wie es funktioniert und was es braucht.
  • Erlaube und ermögliche Stimming, um die Hyperaktivität in sinnvolle Bahnen zu lenken. Das bedeutet auch, dass das Kind zum Beispiel im Unterricht malen oder mit einem Knetball spielen darf, wenn das die Konzentration fördert.
  • Wirf deine Vorstellungen davon über Bord, was „normal“ ist. Nicht alle Menschen brauchen Stille, um sich zu konzentrieren, um nur ein Beispiel zu nennen.
  • Arbeite daran mit, dass das Schulsystem sich von Grund auf erneuert. Weniger Frontalunterricht, mehr individuelle Hilfen. Die Möglichkeit, die Arbeitsposition und den Arbeitsort zu wechseln. Viel mehr Gelegenheit, sich mit persönlichen Interessen zu beschäftigen. Weniger Notendruck.
  • Werdet gemeinsam kreativ im Finden von Arbeits- und Organisationsstrategien. Mach dir (und dem Kind) klar, dass diese Strategien wahrscheinlich nicht für immer funktionieren, sondern nur für kurze Zeit.
  • Bestärke das Kind darin, dass es völlig okay ist, sich für ein Hobby oder ein Thema zu interessieren und voll einzutauchen. Auch wenn das Thema dann nach ein paar Wochen wieder uninteressant ist. Zwinge es nicht, Dinge unnötig „durchzuziehen“.
  • Störe ein Kind, das sich gerade im Hyperfokus befindet, nur im absoluten Notfall! Selbst wenn dir seine Beschäftigung völlig banal oder total übertrieben vorkommt.
  • Findet gemeinsam heraus, welche Hilfen und Behandlungen nützlich sind. Psychotherapie? Psychoedukation? Medikamente? Austausch mit anderen Betroffenen? All das oder nur ein Teil davon? In welchem Ausmaß?
  • Fördere eine Gesellschaft, die echte Vielfalt ermöglicht und schätzt! Eine, in der es nicht so erstrebenswert sein muss, „normal“ und unauffällig zu sein. Eine, in der die besonderen Fähigkeiten von ADHSler:innen sich entfalten können.

Solche Maßnahmen können tatsächlich dazu führen, dass neurodivergente Menschen so sein können, wie sie sind. Dass sie sich nicht so stark von ihren Schwächen beschränken lassen, sondern ihre Kreativität, ihre Begeisterungsfähigkeit, ihre Neugier, ihr „Out-of-the-box“-Denken, ihre Problemlösefähigkeit und ihren Gerechtigkeitssinn richtig entfalten können. Dass sie sich selbst verstehen und nicht verleugnen. Denn das passiert leider sehr leicht:

Masking: Wenn ADHSler:innen selbst vergessen, wer sie sind

Bei sehr vielen Menschen mit ADHS werden die sichtbaren Symptome mit der Zeit weniger. Deshalb dachte man lange Zeit, dass sich das Problem „verwächst“. Tatsächlich ist der Grund ein ganz anderer:

Wir lernen, zu maskieren. Wir lernen, uns anzupassen, zu beschränken, einzufügen. Wir verwenden unglaublich viel Energie darauf, zu „funktionieren“ und nicht negativ aufzufallen. Wir lernen, dass wir „nicht richtig“ sind und versuchen, „richtiger“ zu werden.

Das ist das genaue Gegenteil von „Lass die Kinder doch sein, wie sie sind“.

Wir vergessen bei all dem Maskieren unter Umständen selbst, wer wir sind. Spüren unsere Bedürfnisse gar nicht mehr so richtig oder kämpfen sie nieder. Identifizieren uns mit Eigenschaften, die wir uns mühsam erarbeitet haben und nur mittelmäßig erfüllen, statt mit denen, die uns eigentlich innewohnen und glücklich machen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Diesen Kontakt zum eigentlichen Selbst wiederzufinden und das Maskieren nach und nach abzulegen, das ist eine echte Mammutaufgabe. Es wäre viel besser, wenn es gar nicht erst so weit kommen müsste.

Fazit:

Ja, bitte lasst Kinder mit und ohne ADHS „sein, wie sie sind“! Aber hinterfragt, was das bedeutet. ADHS kann mit sehr hohem Leidensdruck verbunden sein, selbst wenn das nach außen gar nicht so deutlich sichtbar wird. Kinder mit ADHS brauchen ein Umfeld, in dem Vielfalt geschätzt wird und in dem sie sich entfalten können. Und sie brauchen Unterstützung, unter Umständen auch in Form von Medikamenten.

ADHS ist keine Erfindung und keine Modeerscheinung. ADHS ist keine „Jungskrankheit“, kein Bewegungsmangel, keine schlechte Erziehung. ADHS „verwächst“ sich nicht. ADHS-Medikamente sind kein Teufelswerk und keine „Ruhigstellung“, sondern eine gut untersuchte Behandlungsmöglichkeit, deren Wirksamkeit man im Einzelfall ausprobieren sollte, wenn Fachleute das empfehlen.

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6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Mein Kind war von Anbeginn an anders als „normale“
    Babys. Wir haben uns um seine Bedürfnisse herum organisiert. Viel Ruhe in Abwechslung mit viel Input, aber immer ganz viel Ko-Regulation. Als er 3 war, fragte ich den Kinderarzt, „wie merkt man eigentlich ob ein Kind ADHS hat?“ Seine Antwort lautete lapidar: „In dem Alter haben die doch alle ADHS.“ Was er damit meinte, ist mir klar. Nun, 5 Jahre später, haben wir eine Diagnose noch bevor es in der Schule Probleme gibt. Den Ärger gibt es nur zu Hause, weil ein solches Kind so wahnsinnig viel Anpassung, Selbstaufgabe und ständiges Reflektieren erfordert.
    Mir helfen Berichte wie dieser, mich mehr in ihn hineinversetzen zu können. Ich lese gerade sehr viel Fachliteratur, einfach auch um solchen Vorurteilen begegnen zu können. Tatsächlich gibt es kein einziges Medikament im Kreis der psychiatrischen Pharmazeutika, das eine so hohe Wirkrate hat wie die ADHS-Medikamente. Und ob man bei Schilddrüsen-Medikamenten nicht auch ne Persönlichkeitsveränderung haben kann, interessiert da irgendwie keinen.
    Mir ging es übrigens mit SSRI so: ich hatte das Gefühl wieder mehr ich selbst zu sein.

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  2. Danke für die Erinnerung, was man alles schon geleistet hat <3

    Ich gebe dir uneingeschränkt recht.

    Manchmal ist der Versuch den besten Weg für das Kind zu finden unendlich schwer, aber es lohnt sich, ihn weiter zu gehen, immer in der Hoffnung, dass es später nicht ganz so stark mit inneren Kritikern, negativen Selbstbildern und Chaos zu Kämpfen hat wie man selber.

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  3. Liebe Leila, vielen Dank für deinen persönlichen Einblick! Ja, es kann wahnsinnig fordernd sein als Eltern. Ich finde es wunderbar, dass du schon sehr früh eine Diagnose initiiert hast. Es freut mich sehr, dass dir mein Blogartikel wieder ein kleines Stückchen weitergeholfen hat! Und danke für das Argument, dass bei anderen Medikamenten (in deinem Beispiel Schilddrüsen-Medikamente) auch niemand danach fragt, ob sie Auswirkungen auf die Persönlichkeit haben könnten. Da ist das irgendwie was anderes. Sehr interessantes Phänomen! Ich wünsche dir und deinem Kind alles Gute und einen immer besseren Umgang mit dem ADHS und seinen Begleiterscheinungen! Übrigens: Ich habe vor Kurzem ein richtig gutes Kurzvideo gefunden, in dem Kindern ADHS erklärt wird. Vielleicht kannst du es auch gebrauchen? Du findest es hier: https://www.planet-schule.de/thema/knietzsches-doktor-check-knietzsche-und-adhs-film-100.html Viele Grüße, Birgit

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  4. Liebe Abraxa, ich finde, dieses Wahrnehmen der eigenen Leistung ist eines der schwierigsten Dinge mit ADHS. Weil man sie nicht so einfach mit den Leistungen der neurotypischen Umgebung vergleichen kann. Gerade deshalb finde ich diesen Punkt so wichtig. Ich glaube (und hoffe), für Kinder mit früheren Diagnosen ist das etwas leichter. Aber es ist eine Mammutaufgabe, sie dabei gut zu begleiten. Deshalb ärgern mich solche Aussagen wie im ursprünglichen Kommentar so sehr. Aber immerhin hat mich die Dame zu diesem episch-langen Blogartikel motiviert, der hoffentlich wieder ein paar Menschen hilft 😀 Viele Grüße, Birgit

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  5. Ja, das Wahrnehmen ist wahnsinnig schwer. Und dann sehe ich mich mit meinem neuen LARP-Chatrakter, und sehe, wie es laufen kann, wenn ich mein Hirn einfach mal fließen lassen kann, und denke mir „Ok, das ist großartig“ 🙂 Auf Dauer würde ich das Tempo dann nicht aushalten können, aber Von Zeit zu Zeit mal sein Hirn frei lassen können aus den Begrenzungen – ist richtig großartig 🙂 Ob das nun ein unreglementiertes alle 15 Minuten was neues machen ist, oder im hohen Tempo Dinge managen und Themen jonglieren, während immer neue einprasseln. Mit der Erfahrung der letzten Jahre konnte ich dann sogar bemerken, als es zu viel wurde und Dinge an andere abgeben 🙂 Also, es kann schon sehr großartig sein alles. Aber halt auch richtig Mist, wenn es mal daneben geht.

    Ich las bei einer Bekannten vor ein paar Jahren „Kindern diese Medikamente nicht geben ist unterlassene Hilfeleistung“ und genau so sehe ich das auch. Solange wie sie tun was sie sollen und die Nebenwirkungen nicht Mist sind, sind sie einfach wahnsinnig wichtig für die Entwicklung. Fürs Selbstwertgefühl, Fürs Wissen, dass man wohl was kann.

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  6. Hallo Birgit! 😊
    Dein Artikel über ADHS-Medikamente war wirklich informativ und hat mir geholfen, das Thema besser zu verstehen. 💡✨ Besonders schätze ich, wie differenziert du auf die Vor- und Nachteile eingehst – das macht es für Betroffene und Angehörige sicherlich einfacher, sich ein eigenes Bild zu machen.
    Ich fand es spannend, wie du erklärt hast, dass Medikamente nicht als alleinige Lösung gesehen werden sollten, sondern im besten Fall Teil eines ganzheitlichen Ansatzes sind. ❤️ Das Thema ist ja oft mit vielen Vorurteilen behaftet – danke, dass du dazu beiträgst, mehr Aufklärung zu schaffen! 😊
    Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag – ich bin sicher, dass er vielen weiterhilft!
    LG Rosi 🌸

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